Mingles: Zwei Menschen erzählen, was sie an unverbindlichen Beziehungen so reizt

Single sein ist die totale Freiheit, während man in Beziehungen die uneingeschränkte Zweisamkeit genießen kann. Wie wäre es, wenn man die Vorzüge aus beidem nimmt? Wer gerne Rosinen pickt, der kann sich als Mingle bezeichnen – wie Lena* und Felix*, die beide in einer Mingle-Beziehung waren beziehungsweise sind. Hier verraten sie uns alles über ihre unverbindlichen Beziehungen.

Was ist ein Mingle?

Eric Hegmann, Autor (u. a. „beziehungsweise: Das Buch über mehr Liebe”) und Paarberater aus Hamburg bringt die Bedeutung von Mingle auf den Punkt: „Es ist eine Beziehungsform der verbindlichen Unverbindlichkeit: Verantwortung ja, aber nur bis zu einem selbstdefinierten Punkt.”

Mingles nehmen sich einfach das Beste aus der Single- und Beziehungswelt. Besonders junge Menschen Anfang zwanzig lernen erst, wie es sich anfühlt, wenn man einen Partner dauerhaft und konstant in seinem Leben hat. 

Um sich daran zu gewöhnen und zu üben, wählen junge Frauen und Männer wie Lena und Felix eine Beziehung ohne Verpflichtungen. Mingle besteht aus den Wörtern „mixed” und „single”, und diese Wortkombination definiert das Beziehungskonzept perfekt. Hegmann erklärt: „Gesellschaftlich gehen wir heute mit selbst gewählten Beziehungsmodellen großzügiger um und so schließen die Mingles die Lücke zwischen Affäre, Fuckbuddies und offener Beziehung“.

Kommunikation ist das A und O in einer Mingle-Beziehung 

Felix lernte Anna* auf einem Spieleabend bei Freunden kennen und ihr Ruf eilte ihr voraus: „Eine Freundin stellte sie mir vor und wir verstanden uns gut. Sie „warnte” mich aber, dass Anna auf lockere Geschichten steht und keine feste Partnerschaft möchte. Wir redeten offen und sie gefiel mir. Also startete ich mit dem richtigen Mindset.” 

Bei Lena war das etwas anders, denn sie rutschte mehr oder weniger in eine Mingle-Beziehung mit Johannes*: „Als wir uns kennenlernten, wollte ich unbedingt mit ihm zusammen sein und habe gedacht, dass eine lockere Beziehung für mich okay ist. Er wollte nichts Festes.”

An der lockeren Nummer von Felix und Anna sieht man, dass Kommunikation in Mingle-Beziehungen das A und O ist. Wer seinen Standpunkt gleich klar macht, kann diesen selbstbewusst vertreten und steht hinter seiner Entscheidung. Fürs Minglesein braucht man Selbstbewusstsein. Dieses Selbstbewusstsein bringt übrigens auch Influencerin Bonnie Strange, 33, nach ihrer Trennung mit. Sie postet optimistisch unter einem Foto auf Instagram: „Single and ready to mingle“.

Mingle-Beziehung: das Beste aus Single und vergeben sein

Für Felix ist seine Beziehung ohne Verpflichtungen zu Anna perfekt, weil sie zusammen ausgehen, Sex haben, Freunde treffen oder einfach zuhause rumknutschen, aber sich auch tagelang nicht hören oder sehen müssen. Und das ohne schlechtes Gewissen oder gegenseitige Vorwürfe! 

Außerdem ist es für Felix total okay, wenn er und Anna andere Leute daten oder mit ihnen schlafen: „Ich bin jung und möchte noch so viel ausprobieren. Beziehungen sind toll, aber gerade möchte ich mich nicht festlegen und trotzdem jemanden an meiner Seite haben. Das gestehe ich auch Anna zu.” 

Lena feiert das Mingle-Phänomen hingegen weniger und empfand die unverbindliche Beziehung zu Johannes oft als einseitig: „Unsere Bedürfnisse waren unterschiedlich. Ihm reichten Sex und Partyabende, und ich wollte auch mal ins Kino gehen oder Freunde treffen. So schön die gemeinsame Zeit auch war – wir mussten viele Kompromisse eingehen.” Besonders, wenn Johannes mit anderen Frauen im Bett landete, bereitete ihr das Bauchschmerzen. 

Trendforscher Peter Wippermann weiß, warum das Minglesein so spannend ist: „Wir wollen innerhalb der Beziehung nicht darauf verzichten, unseren eigenen Kopf durchzusetzen“. Entscheidend ist, ob Mingle-Paare die Balance zwischen Beziehung und Singledasein finden. 

Beziehungen ohne Verpflichtungen können unglücklich machen

Solange das Beziehungsmodell wie bei Felix für beide aufgeht, ist „mingeln” eine tolle Ergänzung anderer Beziehungsarten und beeinflusst nicht das romantische Idealbild einer Partnerschaft. Problematisch wird es allerdings, wenn man wie Lena ein höheres Nähebedürfnis hat oder sich sogar verliebt. Sobald sich einer verliebt und sich mehr wünscht als der andere, kommen die Probleme. 

Deswegen hat Lena irgendwann die Reißleine gezogen, wie sie verrät: „Ich habe gespürt, dass ich mich in Johannes verliebe und er das nicht erwidern wird. Auch, wenn es mit schwer fiel und ich nicht auf den tollen Sex verzichten wollte: Ich habe mich nach 4 Monaten getrennt und meine Mingle-Beziehung beendet.” Das dürfte die richtige Entscheidung gewesen sein in diesem Fall, denn nicht jeder ist für eine Mingle-Beziehung gemacht. Man muss Sex und Liebe klar voneinander trennen können, und wissen, was man will.

Aber selbst, wenn es wie bei Felix gut läuft, sind Mingle-Beziehungen nichts für die Ewigkeit. Das Mingle-Prinzip passt für jeden, der sich ausprobieren will, noch keinen festen Lebensmittelpunkt haben möchte und sich sexuell frei entfalten will, ohne Herzen zu brechen oder ein „Fuckboy” zu sein. Als Mingle werden die Bedürfnisse nach Körperlichkeit, Nähe und Zweisamkeit besser erfüllt als als Single. Darum ist der Mingle-Status auch für viele Singles attraktiv.

So funktionieren Mingle-Beziehungen ohne Herzschmerz

Damit eine unverbindliche Beziehung Spaß macht und nicht in einem emotionalen Desaster endet, haben Felix für sich und Anna ihre Mingle-Regeln definiert, wie er uns gegenüber verrät: „Offenheit ist uns sehr wichtig. Uns ist klar, dass wir keine feste Partnerschaft miteinander haben und das auch nicht wollen. Verliebt sich doch mal einer von uns, beenden wir das Ganze, wenn es einseitig ist.” Und die beiden sind sich einig über die Häufigkeit und Intensität ihres Kontaktes. Sex und Liebeleien mit anderen sind völlig okay, wenn nichts verheimlicht wird. 

Mingle-Sein bedeutet übrigens nicht, dass man bindungs- oder beziehungsunfähig ist – und das sollte man sich auch nicht einreden. Unverbindlichkeit passt manchmal einfach besser in die Lebenssituation als eine feste Beziehung, aber manchmal ist der Weg vom Mingle zu Beziehung nicht weit. Mingle-Paare sollten sich deswegen darüber einig sein, was passiert, wenn doch mehr Gefühle entstehen als anfangs geplant. 

Mingle bedeutet nicht gleich Freundschaft Plus oder offene Beziehung

Wer noch keine Erfahrungen mit Mingle-Beziehungen gemacht hat, wirft das Konzept schnell mit Freundschaft Plus oder einer polyamoren Partnerschaft in einen Topf. Allerdings gibt es klare Unterschiede: In einer Freundschaft Plus ist man primär befreundet und springt ab und zu miteinander ins Bett. Gefühlsmäßig bewegen sich „friends with benefits” auf der Freundschaftsebene und haben sonst keine emotionale Verbindung zueinander. 

Eine polyamore oder offene Beziehung ist – wie der Name sagt – eine feste Beziehungsform, in der sich alle Parteien dazu entschieden haben, Sex, Nähe und andere Dinge mit mehreren Menschen zu teilen. Und auch Felix sieht seine unverbindliche Liebschaft nicht als offene Beziehung: „Für mich ist das eine Mingle-Beziehung, weil wir in eine Poly-Beziehung viel mehr investieren und uns als Paar wahrnehmen müssten.” 

So findet man Mingles Kontakte

Wenn man nicht wie Lena und Felix in eine Mingle-Partnerschaft „rutscht”, sondern aktiv nach Gleichgesinnten suchen möchte, ist Onlinedating die einfachste Variante. In der Suchfunktion diverser Dating-Plattformen gibt es schon öfter den Filter „Mingle”. Noch besser eignen sich aber spezielle Kontaktbörsen und Apps wie Mingle 2 und die Video-Dating-App Mingle. 

*Namen von der Redaktion geändert